By Published On: August 5th, 2018Categories: Afrika, Namibia

„Afrika- ist ein kalter Kontinent mit sehr heißer Sonne“, sagte mein Vater stets, wenn wir morgens regelmäßig Eis von der Windschutzscheibe unseres Landcruisers kratzten. Oft ging es mit Mütze und Schal auf die erste „Morning Safari“. Nur wenige Stunden später, schien die Sonne unbarmherzig herab und man suchte in der kargen Landschaft vergebens nach Schatten. Aber genau das macht Namibia zu einem der unwirtlichsten und gleichzeitig atemberaubendsten Regionen der Welt.

Rückkehr in das Reiseziel meiner Kindheit

Nach fast 20 Jahren kehre ich in die einst deutsche Kolonie in Afrika zurück. Diesmal als Selbstfahrer mit Mietwagen, denn individuelle Reisen sind hier absolut empfehlenswert. Die Straßen sind in einem akzeptablen Zustand und zudem gut beschildert. Zahlreiche Campingplätze und stilvolle Lodges machen die Auswahl schwer. Die größte Gefahr birgt hier nicht die Kriminalität, sondern eindeutig zu wenig Wasser oder Benzin mitzuführen.

Windhoek ist Afrikaans für „windige Ecke“. Mit rund 400.000 Einwohnern ist Windhoek die Hauptstadt und zugleich die größte Stadt Namibias. Im ganzen Land verteilt, leben rund 20.000 Deutschnamibier als Nachfahren der deutschen Kolonialherren. Noch heute ist Deutsch ihre Muttersprache. Aber nicht nur das. Denn hier tobt ein Karneval mit Prinzenball, Umzug und Büttenabend. Außerdem ein Oktoberfest mit Fassanstich und Maßkrugstemmen. Darüberhinaus werden hier noch weitere deutsche Bräuche gepflegt. Über all das berichtet die Allgemeine Zeitung, die einzige deutschsprachige Tageszeitung des Landes.

Kalahari

Wir starten direkt vom Flughafen, der in etwa 40 km außerhalb der Stadt liegt und steuern in Richtung Süden zur Kalahari Halbwüste. Auf einer der ersten Dünen übernachten wir in einem der schönsten Hotels der Reise. Die komfortable Zelte der Teufelskrallen Lodge sind auf einem Holzfundament mit Terrasse errichtet. Sie sind per Steg mit einer Dusche und Toilette verbunden. Der Blick aus dem Bett über die Terrasse hinweg, ist atemberaubend. Unsere erste Nacht im Zelt ist jedoch sehr kalt. Ich fühle mich zurück in meine Jugend versetzt. So ist es in den Wüsten dieser Welt – vor allem im Winter. Aber das Naturschauspiel entschädigt. Sonnenuntergänge wie im Bilderbuch. Auf den 4.000 Hektar des Naturschutzgebietes der Lodge herrscht aber vor allem eins: Ruhe.  Denn Flug oder Autolärm, Stadtlichter oder Smog gibt es hier nicht.

Am nächsten Tag zeigt uns David seine karge Heimatstadt Kalkrand. Außer einer Tankstelle und drei Kirchen, gibt es neben wenigen Steinhäusern nur Wellblechhütten. Die meisten Bewohner sind arbeitslos. Einige hängen vor der örtlichen Kneipe ab. Sie haben bereits einiges des  Selbstgebrautens der Kneipe intus. Weiße gibt es hier nicht. Man begegnet uns immer freundlich und Fotos sind erwünscht.

Namib-Naukluft-Park

Unsere Reise führt weiter in Richtung Namib-Naukluft-Park. Mit einer Fläche von etwa 50.000 km2 ist er größer als die Schweiz und besteht größtenteils aus Wüste. Aber nur fast, oft werden die Naukluft Berge unterschlagen. Einst standen die Bergzebras kurz vor ihrer Ausrottung. Um sie zu schützen wurde die „Naukluft“ mit ihren kargen, bis zu 2000 Meter hohen Bergen und Schluchten mit ganzjährigen Bächen am Ostrand der Namib, unter Naturschutz gestellt.

Wir übernachten auf einer der ältesten deutschen Farmen in Namibia. Pünktlich zum Nachmittagskaffee mit selbstgebackenen Obstkuchen treffen wir ein. Natürlich wird auch hier Deutsch gesprochen. Abends isst man gemeinsam mit der Farmfamilie an einem Tisch. Es gibt ganz selbstverständlich Fleisch. In ganz Namibia ist die Küche hervorragend und zeichnet sich hauptsächlich durch auf offenem Feuer gegrilltem Wild aus.

Auf dem Gelände der Farm gibt es zudem gut beschilderte Wanderwege, die man auf eigene Faust erkunden kann. Mein Tipp: Wanderung Köcherbaumschlucht! Früh morgens geht es noch bei kühlem Nebel auf das Naukluft Plateau. Wir genießen eine Aussicht, die Freiheit bedeutet. Unser Guide, ein San (bekannt als Buschmann), teilt sein jahrtausendealtes Wissen über die Heilkraft einzelner Pflanzen. Und er erklärt einzelne Wörter seiner Klick-Sprache.

Danach geht es weiter an den Rand der Köcherbaumschlucht. Ab hier sind wir allein. Zu Fuß folgen wir 3 Std. der Wanderkarte durch eine überwältigende Landschaft, orientieren uns an Markierungen. Wir steigen herab in eine spektakuläre Schlucht. Wasser sorgt hier für unerwartet grünes Leben. Pflanzen wie Feigenbäume, Schilf und eine bunte artenreiche Tierwelt überraschen. Neben Raub- und Singvögeln, Klippschliefer und Klippspringer, sehen wir auch Echsen und Fische. Einige Pools, die der Fluss kurz vor einem Wasserfall bildet, sind als Schwimmmöglichkeit deklariert.

Rückkehr nach Namibia - Köcherbaumschlucht

Rückkehr nach Namibia – Köcherbaumschlucht

Dead Vlei – einer der irreallesten Orte der Welt

Das Vlei (Afrikaans: Senke) ist Teil des vermutlich breitesten Sandstrands der Welt. Auf 2.000 Kilometern Länge erstreckt sich die Namib entlang des Atlantischen Ozeans bis zu 160 km weit ins Landesinnere. Von Sonnenaufgang bis -untergang sind die Tore des Parks im kleinen Städtchen Sesriem geöffnet. Die Dünen, deren Kämme ständig vom Wind neu modelliert werden, sind im Licht der aufgehenden und untergehenden Sonne in faszinierende Rot- und Goldtöne getaucht. Entlang der Teerstraße zum Dead Vlei begegnen uns die ersten Oryx Antilopen und Strauße. Die Wüste „lebt“.

Überall wachsen Kameldornbäume, kleine Sträucher und Gräser. Immer wieder krabbeln verschiedene Käfer über den Weg. Die Mühe, sich die letzten Meter zu Fuß durch den riesen Sandkasten zu quälen, wird mit einem Ausblick auf das endlos erscheinende Dünenmeer belohnt. Hier liegt auch die durch Wasser geformte Lehmpfanne. Der Boden so weiß wie Lehm, die Dünen rot wie Rost und die Bäume so schwarz wie Ebenholz sind ein berühmtes Postkartenmotiv.

Swakopmund

Sucht man einen Ort, der an die weniger als 100 Jahre andauernde deutsche Kolonialzeit erinnert, ist man in Swakopmund genau richtig. Es gibt wohl kaum einen anderen Ort, der die deutsche Vergangenheit des Landes so stark bewahrt hat.  An jeder Ecke entdeckt man deutsche Tradition. Schwarzwälder Kirschtorte im Café Anton, eine Bibliothek, das Brauhaus oder die deutschen Straßennamen.  Swakopmund – ein Ort, den die Namibier lieben.

Das kleine gemütliche „Eco“ Guesthouse von Meike reicht zur Übernachtung völlig aus. Aber trotz bester Strandlage – einen Badeurlaub, kann man in unseren Sommermonaten nicht erwarten. Auf der Südhalbkugel ist es schließlich Winter. Auch wenn es in der Wüste 35 Grad waren, empfängt uns Swakopmund mit etwa 15 Grad! Man fühlt sich eher an Holland im Herbst erinnert. Bei einer Quad-Tour durch die Dünen, behalte ich deshalb auch lieber meine leichte Daunenjacke an.

Atemlos durch die Nacht – und Karnevalsmusik beim Narrenwecker

Helene Fischer Sound gefolgt von Karnevalsmusik? Nach einer heißen Schokolade an der Strandpromenade, stoßen wir auf den Küstenkarneval. „KüKa“ ist Swakops Karnevalsverein. Eine rein weiße Tradition. Jetzt doch das Namibia, wie ich es als Kind kannte. Das Outfit des Prinzen erinnert sehr an die des Kölschen Prinzen. Rut und wies verbindet – aber leider nicht alle.

Von der Küste geht es weiter nach Twefyelfontain zu den größten Fundstätten von Felsenmalerei und Gravuren der Welt. Den Ursprung der Menschheit stellt man sich genauso vor. Eine beeindruckende Kulisse mit gezackten Bergen, vor denen sich weißes, helles Dünengras, so hoch wie Kornfelder, silbrig glänzend im Winde wiegt. Eine Herde Wüstenelefanten zieht ungestört durch die Steppe. Als das Land der Volksgruppe Damra – „Damaraland“ wird die Gegend bis hin zum Grootberg bezeichnet.

Ein absoluter Tipp: Die Grootberg Lodge. Sie ist eine der wenigen Lodges im Land, die durch ein Community-Projekt geführt wird. Am Steilhang eines Bergplateaus stehen luxuriöse Hütten aus Naturstein und Holz.  Vom Bett aus schaut man in ein gigantisches Tal herab, in dem sich Nashörner und Elefanten tummeln.

Etosha

Außerhalb des Etosha Parks übernachten in einem wunderbaren Buschcamp der Maramba Lodge. Wir nähern uns von Süden über das Andersson’s Gate. Durch den Etosha-Park führen mehrere Straßen, über die alle wichtigen Wasserlöcher erreichbar sind. Neben den natürlichen Tränken gibt es auch künstlich angelegte. Diese dienen vor allem dazu, die Tiere in den trockenen Monaten besser im Park zu verteilen. An den meisten Wasserstellen gibt es Haltepunkte, von denen aus man Tiere beobachten kann. Aus dem Auto aussteigen ist dabei streng verboten. Herden an Zebras, Giraffen, Gnus, Springböcke, Oryx- und Kudu Antilopen, Straußenvögel, Elefanten und vieles mehr.

Rückkehr nach Namibia

Rückkehr nach Namibia

Unser Highlights sind, während einer Nachtfahrt außerhalb des Parks eine afrikanische Wildkatze und zwei Geparden. Aber auch ein schlafendes Chamäleon beeindruckt uns. Der Etosha-Nationalpark ist sehr ursprünglich und einfach gehalten. Außer den Schotterstraßen und ein paar Camps wird die Natur weitestgehend sich selbst überlassen. Der Park ist einfach ein Naturerlebnis, auch wenn er inzwischen eingezäunt wurde. „Wildes Afrika ist anders“, höre ich die Stimme meines Vaters im Hinterkopf. Aber es ist ein Einblick, wie es wohl mal war.

Geparden Schutzprojekt

Am Fuße eines Tafelbergs erleben wir, wie Geparden mit unterschiedlichster Vergangenheit in großen Gehegen gepflegt und wieder aufgepäppelt werden. In Bildungsprogrammen versucht der Cheetah Conservation Fund zu sensibilisieren. Denn Geparden werden im Kampf zwischen Wild-und Haustier oft gejagt oder vergiftet. Mit der Übernachtung auf der Cheetah View Lodge, unterstützt man das Artenschutzprojekt.

Zum Abschluss unserer Reise übernachten wir in einem schicken Boutique-Hotel. Hier kann ich doch endlich größere Veränderung im Land erkennen. Die Stadt ist flächenmäßig größer geworden. Einige Kino- und Shoppingmalls haben die Wohngebiete bereichert. Aber auch die sogenannten Townships sind gewachsen.  Waren früher auf der Independence Avenue eher weiße Farmer und Geschäftsleute unterwegs, sehen wir jetzt Businessmänner und -frauen, schwarz und weiß, arm und reich, das mischt sich hier. Schicke Maßanzüge, blauweiße Schuluniformen, bunte traditionelle Stammeskleidung, hippe zerrissene sportliche Kleidung und Touristen in Kaki, prägen das Stadtbild.

Resümierend war es einer der abwechslungsreichsten Reisen, die ich unternommen habe. Für uns ging es auf den Rückweg nach Deutschland noch zu den Victoria Fällen in Simbabwe/Sambia, aber Namibia hat unser Herz im Sturm (zurück-) erobert, wir kehren auf jeden Fall zurück!!

von Sheila Behlert

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Über den Autor: Claudia Behlert

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Die Tierärztin Dr. Claudia Behlert machte aus ihrer Passion für das Reisen eine Agentur für Individualtourismus. Bei eigenen Touren besuchte Sie 6 Kontinente. Sie lebte in Europa & Asien. In ihren Blogbeiträgen teilt sie ihre Erfahrungen.
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