By Published On: Juli 8th, 2022Categories: Indien

Die mytischen Legenden aus Indien strotzen nur so vor blühender Fantasie. Sie sind narrative Superlative par excellance. Viele Erzählungen haben unter heutiger Sicht, teils überschäumende, nahezu groteske Züge. Der kurze Blog erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Recherche dieser Legenden und schon gar nicht auf eine wissenschaftliche Untersuchung. Er ist vielmehr das Ergebnis meiner persönlichen Erkenntnis und soll zeigen, das erlebnisorientiertes Reisen auch bildet. Und ganz nebenbei bemerkt, vor allem auch Anreize schafft und Spaß macht.

Indische Götter und Ihre Legenden

Götter nehmen in der polytheistischen Religion der Hindus vielfältige Gestalt an. So treten Sie auch als Flüsse in Erscheinung oder als Tiere oder Menschen. Auch die boshaftesten Dämonen sind bei den Legenden vertreten. Manche Götter haben mehrere Köpfe oder Gliedmaßen. So wie die schwarze Göttin Kali, die meist auf einem Tiger reitend dargestellt wird. Sie steht zunächst für Tod und Zerstörung. Aber auch bei ihr ist der Aspekt der Erneuerung gegeben. Die ganze hinduistische Glaubensrichtung ist im Wesentlichen auf dem ständigen Wechsel von Zerstörung und Wiederaufbau ausgelegt.

Einem Sohn wird von einem rasend eifersüchtigen Vater der Kopf abgeschlagen. Als dieser seinen Fehler erkennt, ersetzt er ihn einfach durch den Kopf eines Elefanten. Fertig ist der allseits beliebte, Glück und Reichtum bringende Ganesha.

Eine weitere schöne Legende ist die der fischäugigen Göttin Meenakshi. Sie stellt eine Inkarnation Parvatis dar und wurde als Kind mit 3 Brüsten geboren. Die 3. Brust verschwand, wie vorhergesagt, als sie ihrem zukünftigen Mann begegnete. Die Göttin wurde nicht über den weiblichen Uterus geboren. Somit gibt es entfernt auch im Hinduismus so etwas wie eine unbefleckte Empfängnis.

Ein tödlicher Gifttrank verfehlt seine Wirkung, da es Gott Shiva gelingt diese Tinktur über Nacht in seinem Hals zu behalten, ohne zu schlucken. Diese Nacht wird heute als Festival in nahezu allen Teilen Indiens gefeiert. Die Göttin Ganga wiederum, stürzte auf die Erde herab und drohte diese durch die Wucht des Aufpralls zu zerstören. Nur Shivas Haare verhinderten das Unglück, indem er die Wassermassen durch seine Locken fließen lies.

Die wichtigsten Legenden aus Indien drehen sich um Vishnu. Als bedeutender Avatar kommt er mehrfach auf die Erde. Er unterstützt in Gestalt eines Menschen, den Kampf für das Gute. Auch Durga, die allgegenwärtige Übermutter der hinduistischen Mythologie, erscheint in diversen Inkarnationen. Dabei trägt sie verschiedene Namen. So ist sie unter anderem auch als Sarasvati, Lakshmi oder Kali bekannt. Für uns führen die diversen Erscheinungen und Namen für dieselbe Gottheit, oft zur Verwirrung.

Vergleiche mit der Bibel

Aber wenn wir mal ehrlich sind, auch unsere biblischen Geschichten erscheinen unter heutiger Sicht oft sehr weit hergeholt. Eine Frau erstarrt zur Salzsäule, weil sie sich umdreht. Moses teilte das Meer, um sein Volk vor den Verfolgern zu retten. Jonas lebt infolge einer Bestrafung Gottes, drei Tage im Bauch eines Wals. Gott spricht zu Moses durch einen brennenden Dornenbusch usw.

In der westlichen, modernen Welt lernen wir dies als Metapher aus dem Alten Testament bzw. der Bibel zu interpretieren. Wir sehen nicht mehr das erzählte Ereignis sondern bewerten nur die Symbolkraft. Im täglichen Leben haben sie bei den meisten von uns jedoch keinerlei Bedeutung und schon gar keinen Einfluss mehr.

Glaube und Religion in Indien

Anders in Indien. Hier ist der Glaube noch tief verwurzelt. Nicht nur in ländlichen Regionen, sind die Götter ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens. Auch bei der immer stärker ansteigenden Mittelschicht in den Großstädten, blieb die Tradition trotz Globalisierung erhalten. Nahezu in jedem Haushalt, wie modern und weltoffen man sonst auch sein mag, gibt es eine Art Altar. Puja, ein Ritual ähnlich unserem Kirchgang, und der Besuch eines Tempels, stellen bis in alle Gesellschaftsschichten eine selbstverständliche Routine dar. Letztlich sind die Götter überall und in allem vertreten, auch in den Menschen selbst.

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass man bei uns für Rituale wie Taufe, Beichte und Hochzeit in die Kirche geht. Sie ist ein Ort der Zusammenkunft für Gläubige. Im Hinduismus sind die Mythen lebendig. Götter wohnen in den Tempeln. Man bietet Ihnen Essen, Kleidung und Geld. Im Meenakshi Tempel in Madurai wird Shiva allabendlich bei einer Zeremonie zu Bett gebracht.

Der Familiensinn hat in Indien immer noch eine sehr hohe Wertigkeit. Um erfolgreich im Leben zu sein und ein gutes Karma zu haben, werden Pluspunkte gesammelt. Indem man den Lehren von Lord Krishna folgt, füllt sich das Guthaben Konto. Er ist das Vorbild für einen guten Sohn, Vater und Ehemann.

Zum Christentum oder Islam muss man konvertieren, um Teil dieser Gemeinschaft zu werden. Hindu wird man durch Geburt. Allerdings ist es ohnehin nicht von großer Bedeutung, welcher Religion man angehört. Der Hinduismus ist in seinem Kern äußerst flexibel und tolerant. Buddha ist z. B. auch eine Inkarnation eines indischen Gottes. So wurde jeder andere Glaube einfach assimiliert. Fanatische Fundamentalisten gibt es natürlich auch hier. Sie findet man heutzutage bei jeder Glaubensform.

Parallelen der Legenden zwischen Christentum und Hinduismus

Für mich sind vor allem die vielen Parallelen erstaunlich, auf die ich durch meine Reisen immer wieder stoße. Der christliche Monotheismus und der hinduistische Polytheismus könnten nicht weiter auseinanderliegen? Falsch, wie ich meine. Denn wenn man sich die Geschichten und Legenden aus Indien genauer ansieht, lassen sich viele  Gemeinsamkeiten entdecken.

Da ist z. Beispiel Moses, den seine Mutter in einem Weidenkörbchen auf dem Nil aussetzt. Sie tut dies, um ihn so vor der tödlichen Bedrohung durch den Pharao zu schützen. Ein ähnliches  Geschehen findet man in den Legenden aus Indien. Auch Krishna wird in einem Weidenkorb in den Yamuna Fluss gesetzt, um ihn von der Tötungsabsicht durch seinen Onkel, dem bösen König Kamsa zu retten. Beide, der Pharao und Kamsa, fürchteten sich vor einer Prophezeiung. Nämlich, dass ein männlicher Nachkomme, Ihrer Macht bzw. Ihrem Leben ein Ende bereitet. Sowohl Moses als auch Krishna erfüllten als erwachsene Männer diese Voraussagung.

Jesus, der als Sohn Gottes auf die Erde kam, war Hirte und wird öfter mit Schafen dargestellt. Krishna, der als Avatar des Gottes Vishnu gilt, war ebenfalls ein einfacher Hirte. Er wird oft mit seiner Flöte dargestellt. Und beide, sowohl Jesus als auch Krishna, haben eine zentrale Bedeutung in der jeweiligen Religion.

Auch wenn wir nur einen allmächtigen Gott haben, so umfasst er doch die Dreifaltigkeit aus Vater, Sohn und Heiligem Geist. Ebenso lassen sich die zentralen Götter der Hindus sich auf die Zahl drei reduzieren. Diese Dreieinigkeit besteht aus Brahma, Vishnu und Shiva. Sie stehen für Schöpfung, Erhalt und Zerstörung. Und damit für den ewigen kosmischen Kreislauf.

Advent und Diwali

Im Dezember formen die letzten 4 Wochen des Jahres unsere Adventszeit. Es ist die Zeit bis zur Ankunft des Erlösers. Jede Woche wird eine weitere Kerze angezündet, bis schließlich die Geburt Jesus im Weihnachtsfest gefeiert wird. Obwohl der 24. Dezember nicht dem tatsächlichen Geburtstag Jesus entspricht. Das Licht der Kerzen symbolisiert dabei das Licht der Erkenntnis, die mit fortschreitender Besinnung größer wird. Auch beim indischen Diwali oder auch Deepavali Fest zum Ende des Jahres, spielen Kerzen und Öllämpchen eine große Rolle. Und das gleich in zweifacher Form. Zum einen spiegelt das Licht den Sieg des Guten (Gott Rama) über das Böse (Dämon Ravana). Zum anderen soll die Lichterkette dem Helden der Ramayana, den Weg zurück nach Hause erhellen.

Egal ob es sich um christliche Geschichten oder Legenden aus Indien handelt, die Moral und das Fazit sind immer gleich. Der Kampf des Guten gegen das Böse, Licht gegen Dunkelheit. Sei treu, hilfsbereit, ehrlich und demütig, dann wendet sich das Blatt für Dich zum Guten. Das Böse und die dunkle Seite werden bekämpft und letztendlich bestraft.

Wenn Sie sich für diese Geschichten und Epen interessieren, ist eine Reise nach Tamil Nadu zu empfehlen.

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Über den Autor: Claudia Behlert

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Die Tierärztin Dr. Claudia Behlert machte aus ihrer Passion für das Reisen eine Agentur für Individualtourismus. Bei eigenen Touren besuchte Sie 6 Kontinente. Sie lebte in Europa & Asien. In ihren Blogbeiträgen teilt sie ihre Erfahrungen.
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